Gefahrenbeurteilung ASÜ

Name:

Sven Reiter und weitere 35 Anfrager

Frage:

Ich bin Ausbilder Atemschutz und Mitglied einer großen bayrischen Freiwilligen Feuerwehr. Vor zwei Wochen erhielt ich von unserem Kommandanten den Auftrag, für unsere Atemschutzübungsanlage eine Gefahrenbeurteilung durchzuführen. Können Sie mir dafür Hinweise geben über die Herangehensweise?

Antwort

Hallo Herr Reiter,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Gefahrenbeurteilung von Atemschutzübungsanlagen. Nun, über das Thema Gefahrenbeurteilung lassen sich Fachbücher füllen. So umfangreich ist dieses Thema. Konkret gefordert in der Betriebssicherheitsverordnung ist die Gefahrenbeurteilung Pflicht für alle Arbeitsstätten seit über 10 Jahren. Auf Grund der vermehrten Anfragen zu diesem Thema wird www.atemschurtzlexikon.de; einen umfangreicheren Beitrag zur Vorgehensweise bei Gefahrenbeurteilung in Atemschutzübungsanlagen und Atemschutzwerkstätten bringen. Zunächst aber hier als Vorabdruck eine Kurzübersicht. Weitergehende Hinweise können Sie auch der Unfallverhütungsvorschrift „BGR CI T 056/GUV-I 5145 Durchführung von Atemschutzübungen für Werkfeuerwehren“ entnehmen.

1 Begriff Gefährdungsbeurteilung (Quelle: www.atemschutzlexikon.de)

systematische, umfassende Ermittlung von Gefährdungen und Belastungen
Bewertung der daraus resultierenden Risiken
Ableitung gefahrkompensierender Maßnahmen

2 Gesetzliche Grundlagen

Europäischer Rahmenrichtlinien zum Arbeitsschutz
Arbeitsschutzgesetz, §§3, 5, 6
Verpflichtung zur Ermittlung der Gefährdung
wirksame Arbeitsschutzmaßnahmen ermitteln
Dokumentation der Ergebnisse
regelmäßige Aktualisierung
Betriebssicherheitsverordnung § 3
Gefahrstoffverordnung § 6
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge § 3
BGI/GUV-I 5145, Kap. 4.2

3 Ziele Gefährdungsbeurteilung

ermitteln der Gefährdungen und Belastung, denen die Atemschutzgeräteträger (ASGT) in der Atemschutzübungsanlage (ASÜ) ausgesetzt sind
negative Einflüsse auf ASGT vorbeugend ausschließen mittels Arbeitsschutz und Unfallverhütung
Gefahrwahrnahme fördern

4 Vorgehensweise für die Erarbeitung der Gefährdungsanalyse

Ermittlung der Gefährdungen und Belastungen, denen der ASGT während Übung ausgesetzt ist
Arbeitsschutzmaßnahmen zum Kompensieren der Gefahren ermitteln und auf Wirksamkeit prüfen, regelmäßig aktualisieren
Dokumentation der Ergebnisse
Regelmäßige Nachprüfungen

5 Mögliche Gefährdungen für Atemschutzgeräteträger

verwendete AS-Geräte
örtliche Gegebenheiten
zusätzliche PSA, z. B. Feuerwehr-Schutzkleidung
Zubehör zur PSA
Umgebungsbedingungen, z. B. Imitationsrauch, Hitze, psychische Beeinflussung
Handhabungen ASGT
physischer und psychischer Zustand ASGT

6 Beispiel
Nr.Gefährdung, UrsacheRisiko geringRisiko mittelRisiko hochSicherheitsmaßnahme
1Absturz beim Wechseln der Etagen+• vor Verdunklung ASÜ Orientierungsstrecke zeigen
• Klappen an Durchstiegen anbringen
• Klappen nach Passage schließen
• Angriffsweg ertasten im Seitkriechgang
• Belehrung vor Übungsbeginn

Beste Grüße

Dipl. Ing. W. Gabler

Redakteur

Neue GefahrstoffVO

Name:

Marius Brenger

Frage:

Ich habe gehört, dass in Deutschland eine neue Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten ist. Stimmt das? Was ist neu? Können Sie helfen?

Antwort

Sehr geehrter Herr Brenger,

Die Neufassung der Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV) wurde am bereits am 30. November 2010 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Sie trat am 1. Dezember 2010 in Kraft. Diese Neufassung wurde erforderlich, weil das europäischen Chemikalienrecht in den letzten Jahren erhebliche Neuerungen festgelegt hatte. Die wirkten sich sehr stark auf auch auf die deutschen Bestimmungen aus. Besonders betrifft das die CLP- und der REACH-Verordnung (siehe Erläuterung). Änderungen betreffen besonders:

  1. Änderungen aufgrund der REACH-Verordnung
    Die erforderlichen Änderungen betreffen insbesondere den bisherigen Anhang IV der ersatzlos gestrichen wurde. Dafür ist künftig der Anhang XVII der REACH-Verordnung zu verbotenen Anwendungen und beschränkten Verwendungen von gefährlichen Stoffen, Gemischen und Erzeugnissengültig.
  2. Änderungen aufgrund der CLP-Verordnung
    Die CLP- oder GHS-Verordnung verfolgt das Ziel einer internationalen Harmonisierung bestehender Einstufungs- und Kennzeichnungssysteme. Die in der CLP-Verordnung die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen festgelegten neuen Regelungen wurden übernommen. Die CLP-Verordnung sieht für Stoffe eine Übergangsfrist bis zum 1.12.2010 und für Gemische bis zum 1.6.2015 vor. Die Neufassung der GefStoffV wurde so gestaltet, dass sie bis zum Ablauf der Übergangsfristen eine funktionierende Rechtsgrundlage bleibt. Bis 2015 basiert die neue GefStoffV auf dem alten EU-System. Parallel können aber bereits die neuen Kennzeichnungen verwendet werden. Ab 01.06. 2015 gelten nur noch die neuen Kennzeichnungen. Empfehlungen lassen sich der Bekanntmachung 408 „Anwendungen der Gefahrstoffverordnung und TRGS mit dem Inkrafttreten der CLPVerordnung“ entnehmen (Gemeinsames Ministerialblatt vom 27.1.2010).
    Die aus der CLP-Verordnung resultierenden Änderungen im Einstufungs- und Kennzeichnungssystem sind nicht kompatibel mit dem in der GefStoffV 2005 eingeführten Schutzstufenkonzept. Deshalb wurden in der neuen Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen verschiedene Erleichterungen eingeführt, die den Herstellern, Händlern und Verwendern von Gefahrstoffen den Umgang mit Gefahrstoffen verständlicher machen.
  3. Änderungen im Gefahrstoffverzeichnis
    Die Inhaltsangaben wurden konkretisiert. Das Gefahrstoffverzeichnis verfügt jetzt über einen Verweis auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter und enthält zusätzlich noch mindestens Angaben zur Bezeichnung des Gefahrstoffs und zur Einstufung des Gefahrstoffs oder Angaben zu den gefährlichen Eigenschaften selbst.
Erläuterung REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006:

Registration, Evaluation, Authorisation of CHemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe). Die REACH- Verordnung regelt die Herstellung, das Inverkehrbringen sowie den Umgang mit Chemikalien und vereinheitlicht und vereinfacht europaweit das Chemikalienrecht.

Erläuterung CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008:

Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), auch GHS-Verordnung genannt. Die CLP-Verordnung regelt zur internationale Harmonisierung die bestehenden Einstufungs- und Kennzeichnungssysteme für Gefahrstoffe.

Dipl. Ing. W. Gabler

Hinweise auf Probleme beim Befestigen von Zusatzausrüstung an einer PSA

Name:

Jan T.

Frage:

Sehr geehrte Damen und Herren.
Auf meine Frage bezüglich einer Zulassung des Totmannmelders Dräger-Bodyguard 1000 in Verbindung mit einem Auer (Air MaXX SL) Atemschutzgerät, bin ich an Ihre Adresse verwiesen worden.

Die Frage ist, dürfen diese am Gurt des Atemschutzgerätes befestigt werden, oder findet dadurch eine grundlegende bauliche Veränderung statt? Falls eine Kombination möglich ist, wo steht geschrieben, was an einem Atemschutzgerät, in welcher Form, befestigt werden darf?
Danke für Ihre Antwort.

Jan T
Wehrführer

Antwort

Sehr geehrter Kam. T.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Zu deren Beantwortung möchte ich zu nächst kurz den rechtlichen Hintergrund der Problematik erläutern.

Sie möchten eine Zusatzausrüstung (Dräger-Bodyguard 1000) an einer Persönlichen Schutzausrüstung (PSA), dem Pressluftamer (Air MaXX SL) der MSA Auer GmbH, befestigen. Das bedeutet, Sie möchten selbstständig eine Veränderung einer zugelassenen, zertifizierten PSA vornehmen, also eine grundsätzliche bauliche Veränderung vornehmen. Das ist nicht ohne weiteres möglich. Das Anbringen der Zusatzausrüstung Dräger-Bodyguard 1000 würde aus dem zugelassenen Pressluftamer Air MaXX SL eine neue, nicht zertifizierte PSA entwickeln. Sie würden also eine neue PSA schaffen.

Wollen Sie aber auf die für den Atemschutzeinsatz sehr wichtige Zusatzausrüstung nicht ver-zichten, muss entweder:

a) der Hersteller der PSA die Übereinstimmung der Kombination aus der PSA mit der angebrachten Zusatzausrüstung nach der Richtlinie 89/686/EWG prüfen und zertifizieren lassen (Idealfall) oder

b) der Träger der Feuerwehr selbst muss prüfen, z. B. in Form einer Gefährdungsbeurteilung, ob die Kombination aus der PSA mit der angebrachten Zusatzausrüstung die Schutzwirkung PSA beeinträchtigt und die grundlegenden Anforderungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit des Anhanges II der Richtlinie 89/686/EWG weiterhin eingehalten werden. Dabei prüft er auch, das der gewählte Ort der Anbringung nicht die Sicherheit gefährdet.

Diese Überprüfung ist zu dokumentieren. Dabei können die Bewertungskriterien der neuen vfdb Richtlinie 0820 „Zusatzausrüstung an Persönlicher Schutzausrüstung der Feuerwehr“ herangezogen werden.

Die Kombination von Zusatzausrüstung Dräger-Bodygard 1000 und Pressluftamer Air MaXX SL darf die PSA Pressluftamer Air MaXX SL in seinen Schutzeigenschaften nicht beeinträchtigen und den Benutzer in dieser Kombination nicht gefährden.

Deshalb muss also der Träger Ihrer Feuerwehr durch eine Gefährdungs-beurteilung feststellen bzw. feststellen lassen und prüfen, ob die Schutzwirkung der PSA weiterhin gegeben ist und die grundlegenden Anforderungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit des Anhanges II der Richtlinie 89/686/EWG sowie die Anforderungen der EG-Baumuster-prüfung zugrundeliegenden Normen weiterhin eingehalten werden. Der Träger der Feuerwehr übernimmt die Pflichten des Herstellers dieser neu geschaffenen PSA.

Diese Beurteilung und Prüfung ist zu dokumentieren (siehe Bild 1).

Bild 1 Anforderungen an die Kombination von Zusatzausrüstung und PSA bei Kombination durch die Feuerwehr

Entsprechend Bild 2 kann der der Träger der Feuerwehr bzw. sein Beauftragter aber auch eine Gefährdungsbeurteilung mit eigener Eignungsbestätigung unter Verwendung der vfdb Richtlinie 0820 durchführen bzw. durchführen lassen.

Bild 2 Anforderungen an die Kombination von Zusatzausrüstung und PSA unter Verwendung vfdb Richtlinie 0820, Abs. 4.3.2 und Abs. 5

Wolfgang Gabler

Ltr. Redaktion