2 Rechtliche Grundlagen für die Auswahl und Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung im Atem – und Körperschutz

1 Grundsatz

Das Grundprinzip für Auswahl und Beschaffung von Persönlicher Schutzausrüstung im Atem – und Körperschutz (PSA) ist einfach: der Unternehmer ist für die Beschaffung geeigneter PSA für ihre Beschäftigten zuständig. Er allein trägt die dafür und für die Wartung der PSA anfallenden Kosten. Im öffentlichen Bereich, also in den Städte und Gemeinden, sind für die Beschaffung geeigneter PSA die Bürgermeister zuständig. In den Gemeinden beschaffen entweder die Feuerwehren die PSA selbst oder eine zentrale Beschaffungsstelle bzw. das zuständige Ordnungsamt. Im industriellen Bereich beauftragt der Unternehmer meist den Sicherheitsverantwortlichen damit.
Gleich wer die Auswahl und Beschaffung der erforderlichen PSA durchführt, der hat eine gewaltige Anzahl an gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Nur wenn er das tut, lässt sich Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bzw. der Ehrenamtlichen bei der Arbeit oder im Einsatz positiv beeinflussen.
Folgende Abschnitte zeigen die zu beachtenden rechtlichen Grundlagen auf. Basis für alle Länder der Europäischen Union bilden die europäischen Richtlinien. Von denen werden die jeweiligen nationalen rechtlichen Grundlagen direkt und widerspruchsfrei abgeleitet.

2 Europäische Grundlagen

Die Schaffung des europäischen Binnenmarktes ist erklärtes Ziel der europäischen Länder. Weltweit als Vorbild angesehen, soll durch einen möglichst radikalen Abbau von Handelshemmnissen ein weitestgehend homogenes Wirtschaftsgefüge entstehen. Dieser Wille der europäischen Völker zum Ausbau des einheitlichen Binnenmarktes in seiner Form des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs zwingen zum Durchsetzen einheitlicher Voraussetzungen, auch und besonders der rechtlichen und normativen Grundlagen.
Der Schutz menschlichen Lebens in Gefahrensituationen gliedert sich da mit ein. Eine einheitliche Herangehensweise an die Schutzbedürfnisse und Schutzerfordernisse ist und bleibt eine internationale Aufgabe. Gefahren machen bekanntlich nicht vor Ländergrenzen halt. Wolken aus Brandrauch oder Chemikalien, luftgetragene radioaktiv kontaminierte Aerosole, giftige Chemikalien in Grundwässern, Flüssen, Seen und Meeren – sie alle kennen keine Ländergrenzen.

Gefahrstoffe wie Asbest wurden in vielen Gebäuden verbaut. Die grenzüberschreitende Gefahrenproblematik ist uns tragisch bekannt, z. B. durch das Reaktorunglück von Tschernobyl.
Für die europäische Gestaltung der Grundlagen einheitlicher Sicht- und Herangehensweisen bei der Formung der Schutzbedürfnisse, Schutzerfordernisse und Schutzmöglichkeiten wurden für den Bereich der Persönlichen Schutzausrüstung im Atem- und Körperschutz von der EG Richtlinien verabschiedet, u.a. die

  • Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicher-heit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (89/391/EWG)
  • Richtlinie über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Be-nutzung persönlicher Schutzausrüstung durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (89/656/EWG Arbeitsplatzrichtlinie)
  • Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlamentes und des Rates über Persönliche Schutzausrüstung (PSA-V)

Das in Kraft treten der PSA-Verordnung zog 2017 in Deutschland u.a. eine Überarbeitung des Vergaberechtes nach sich. Davon ist nach den EU-Richtlinien 2014/24/EU (Vergaberichtlinie) und 2014/23/EU (Konzessionsrichtlinie) die Beschaffung von Atemschutz- und Körperschutz betroffen. Damit soll gesichert werden, dass das Vergabegesetz Neutralität und Gleichbehandlung aller in die Vergabeprozesse einbezogenen sicherstellt.
Die PSA-Verordnung fordert im Wesentlichen, dass die Arbeitgeber den Arbeitsbereich ihrer Beschäftigten auf Gefährdung der menschlichen Gesundheit und des Lebens zu untersuchen haben.
Sollten sich die bei dieser Risikoanalyse festgestellten Gefahren nicht beseitigen lassen, muss der Arbeitgeber zur Gefahrkompensierung Persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen. Dazu können auch Atem- und Körperschutz gehören. Die Richtlinie „89/686/EWG“ enthält Mindestforderungen, denen u.a. auch die Atemschutz- und Körperschutzausrüstungen entsprechen müssen.

3 Nationale Grundlagen

Europäisches Recht wird in nationales Recht umgesetzt werden. Für den Bereich der Persönlichen Schutzausrüstung regelt das der deutsche Gesetzgeber vor allem mit

  • Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSGV) und seine Verordnungen, z. B. der Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen (8. GPSGV); so verlangt beispielsweise der § 6 des GPSGV die CE Kennzeichnung der Produkte als Kennzeichen erfolgreicher Zertifizierung
  • das Arbeitsschutzgesetz als Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit
  • die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) als Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
  • Druckgeräterichtlinie (DGRL) als Richtlinie mit den Anforderungen an Druckgeräte für das Inverkehrbringen von Druckgeräten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), auf der Basis der Richtlinie 97/23/EG (Pressure Equipment Directive (PED) der EU.

Auf die Beschaffung von Persönlicher Schutzausrüstung des Atem- und Körperschutzes bezogen, legen diese rechtlichen Grundlagen u.a. fest, welche Sicherheitskriterien im weitesten Sinn in Arbeitsstätten und bei Persönlicher Schutzausrüstung durchzusetzen sind und das einheitliche Bau- und Prüfvorschriften (Europanormen – EN) die Grundlage ihrer Zulassung (auch: Zertifizierung ) für den europäischen Binnenmarkt darstellen.
Unfallversicherungsträger und Arbeitgeber regeln auf der Grundlage der nationalen Rechtsgrundlagen mit spezifischen Vorschriften, wie Gesetzen, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften und Feuerwehrdienstvorschriften spezielle Anforderungen. Dabei dürfen nationale Festlegungen keinen Widerspruch zu europäischen Vorschriften enthalten.
Die im europäischen Richtlinienwerk und nachfolgend im deutschen Gesetzes- und Verordnungswerk enthaltenen Forderungen nach Analyse der Gefahren in den Arbeitsbereichen wird mit Hilfe der Gefährdungsanalyse umgesetzt. Die vorhandenen und erkannten Gefahren sind zu beseitigen, insbesondere durch technische Maßnahmen und / oder durch organisatorische sowie technologische Veränderungen. Diese Lösungen besitzen Priorität. Sind solche Lösungen theoretisch und praktisch nicht möglich bzw. nicht genügend wirksam, muss PSA die Gefahren auf die Beschäftigten kompensieren. Zu solchen Beispiele zählen z. B.:

der Brandrauch mit seinen zahlreichen Gefahren, z.B. seinen hochtoxischen Atemgiften bei Feuerwehreinsätzen, PSA u.a.: Atemschutz, Feuerwehrschutzkleidung, Feuerwehr-schutzstiefel, Feuerwehrschutzhandschuhe, Feuerwehrschutzhelm

Atemgifte mit produktionsimmanenter Bedeutung im Bereich industrieller Atemschutz, PSA u.a. Atemschutz, Körperschutz bis hin zu Chemikalienschutzanzug

Diese Zulassung ist mittels CE-Zeichen (Konformitätszeichen) zu dokumentieren.
Zulassungsberechtigt sind staatlich autorisierte Prüfstellen, in der Deutschland vor allem

  • die DEKRA Testing and Certification GmbH in Essen: Vollmasken, Filter, Pressluftatmer, Chemikalienschutzanzüge, Tauchgeräte
  • das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitssicherheit in Sankt Augustin: Vollmasken, Filter, Pressluftatmer, Chemikalienschutzanzüge
  • die Zertifizierungsstelle der Bergbauberufsgenossenschaft in Bochum: u.a. Atemanschlüsse, Filter, Regenerationsgeräte und
  • die Zertifizierungsstelle der Berufsgenossenschaften in Erkrath: Filter.

In Deutschland nahm sich für den Bereich Atem- und Körperschutz mit Rettungsaufgaben (Bereich Feuerwehr) und für den Bereich Atem- und Körperschutz ohne Rettungsaufgaben (Bereiche Industrie und Gewerke) die VFDB, Referat 8 (Persönliche Schutzausrüstung) die Gefährdungsanalyse der PSA als Aufgabe an. Das Referat analysierte die Gefahren, denen Einsatzkräfte vor allem der Feuerwehr ausgesetzt sind. Anschließend ermittelte es die Eigenschaften, die u.a. Atemschutzgeräte und Chemikalienschutzanzüge besitzen müssen, um deren Träger vor den Einsatzgefahren zu schützen. Berücksichtigung fanden dabei auch nationale Besonderheiten, z. B. der von der Einsatztaktik diktierte Mindestluftvorrat an Atemluft in Pressluftatmern und das Bestreben nach Einheitsanschlüssen zwischen Atemanschluss und Filter bzw. Lungenautomat sowie die Austauschbarkeit der Druckluftflaschen innerhalb der 200-bar- bzw. 300-bar-Technik. Damit konnte die bisher gewohnte logistische Absicherung im Atemschutz deutschlandweit beibehalten werden, ohne europäische Vorschriften zu verletzen.
Das Referat 8 fasste die Ergebnisse der Analyse in ihrer Richtlinie „vfdb-Richtlinie 0810 – Richtlinie zur Auswahl von PSA auf der Basis einer Gefährdungsbeurteilung für Einsätze der deutschen Feuerwehren“ zusammen.
Produkte, die die in dieser Richtlinie auf gezeigten Eigenschaften besitzen, sichern

  • die volle Kompensation der Gefahren des Einsatzes bzw. der in der Risikoanalyse ermittelten Gefahren
  • die im Atem- und Körperschutz erforderlichen hohen Sicherheitsqualitäten
  • die Logistik der Einsätze infolge der im Rahmen der Produkthaftung möglichen Austauschbarkeit. So lassen sich z. B.
    • Druckluftflaschen für Pressluftatmer des Herstellers x auf Geräte des
      Herstellers Y aufschrauben, wenn sie vom Flaschentyp her passen
    • Pressluftatmer des Herstellers X an Vollmasken des Herstellers Y befestigen, wenn sie vom System her passen
    • bebänderte Vollmasken des Herstellers X unter Feuerwehrschutzhelme des Herstellers Y anlegen, wenn das nicht einer der Hersteller untersagt
    • adaptierbare Vollmasken von Masken-Helm-Kombinationen des Hersteller X nicht an Helmen der Helm-Masken-Kombinationen des Herstellers Y anbringen, es sei denn, der Helmhersteller genehmigt das ausdrücklich.
  • einen vertretbaren Kostenaufwand für Beschaffung und Unterhaltung, da sie die Einsatzgefahren abdecken und dennoch universell im Baukastenprinzip gebaut individuelle Ergänzungen gestatten
  • ein qualifiziertes Gefahrenmanagement gegen regionale und überregionale Gefahrsituationen.

Sie erfüllen die von der Europäischen Union in Kraft gesetzten Normative, Bau- und Prüf- bzw. Zertifizierungsbedingungen und decken die Anwenderforderungen aus den Bereichen Atem- und Körperschutz der Feuerwehr und aus dem industriellen Bereich ab.
Zum Erkennen, welche Atemschutzausrüstung den Forderungen der vfdb-Richtlinie 0810 entspricht, lässt sich eine Liste der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie BG RCI nutzen. Hier wird regelmäßig veröffentlicht, welche Atemschutzgeräte positive Prüfergebnisse besitzen, also welche für den europäischen Markt geeignet sind.